• PEEK – Polyetheretherketon in der Zahnmedizin

    Ein biokompatibler Kunststoff mit viel Potenzial

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  • 2014-06-02 21:01:15
  • Quelle: DZW ZahnTechnik · Ausgabe 5/14 vom 07.05.2014

    Kann durch den Werkstoff PEEK – Polyetheretherketon alles anders werden? Und wenn ja, in welchen dentalen Bereichen? Es gibt zu diesem Thema zur Zeit mehr Fragen als aussagefähige und möglichst durch wissenschaftliche Untersuchungen gestützte Antworten. ZTM Peter Kappert berichtet über seine Erfahrungen.

    PEEK sorgt seit geraumer Zeit für eine erfrischende Neugier im Dentalmarkt. Ein Grund dafür dürften die möglichen Chancen der allgemeinen Einsetzbarkeit sein. In der rein analogen Zeit von Zahntechnik und Zahnmedizin waren Verfahren und Vorgehensweisen klar definiert. Sie basierten vornehmlich auf den bewährten, sich kaum verändernden Materialien. Erst durch die digitale Entwicklung ergaben sich dramatische Neuerungen im dentalen Markt.

    Die Digitalisierung ermöglicht durch maschinelle Verfahren und vor allem durch den Einsatz neuer Materialien, dass sich völlig neue Mitspieler im Markt etablierten können. Zu diesen Firmen gehören zum Beispiel Hersteller von digitalen Röntgengeräten, die jetzt schon für eine kleine Revolution in der digitalen Kette sorgen. In den aktuellen dentalen Umbrüchen braucht es eine klare unternehmerische Strategie, um die Weichen für die dentalen Unternehmen und deren Mitarbeiter richtig zu stellen und um Fehlentscheidungen bei Käufen von beispielsweise kostspieligen CNC-Maschinen zu vermeiden.

    Im Werkstoff PEEK sehen wir in diesen Zusammenhängen nach vielen Testphasen in verschiedenen Anwendungsbereichen eindeutig ein Material der Zukunft. Seit Jahren kommt PEEK zum Einsatz, wenn es um medizinische Anwendungen innerhalb und außerhalb des Körpers geht. Bekannt geworden ist PEEK als Ersatzmaterial in der Medizin zum Beispiel in der Orthopädie oder im Bereich der Herzklappen (Abbildung links oben in der Medienleiste).

    Als Implantatmaterial dient PEEK für folgende Bereiche:
    ◗ künstliche Gelenke
    ◗ Fixierung von Knochenbrüchen (Osteosynthesen)
    ◗ Rekonstruktion von Knochendefekten des Schädels
    ◗ Sehnenanker bei Sehnenriss
    ◗ Spine Cages im Bereich der Wirbelsäule
    (Quelle: Charité Berlin)

    Die hervorragenden Materialeigenschaften von PEEK lassen Konstruktionen zu, die meist ohne störendes „Fremdkörpergefühl“ von Patienten adaptiert werden. Das fehlende Kältegefühl und der fehlende Metallgeschmack sprechen zudem für Zahnersatz aus PEEK.

    Als positive Eigenschaften sind ferner zu nennen:
    ◗ hohe Festigkeit bei leichtem Gewicht
    ◗ hohe Elastizität bei niedrigem E-Modul
    ◗ hohe Beständigkeit gegenüber Verschleiß, Abrieb und Korrosion
    ◗ Röntgentransparenz
    ◗ sterilisationsfähig
    ◗ konventionelle oder adhäsive Befestigungsmöglichkeit
    ◗ ideales Material für Allergiepatienten

    PEEK-Konstruktionen in der Zahntechnik

    Indikationen sind zum einen Primär- und Sekundärkonstruktionen wie zum Beispiel Teleskopkronen, Stege, Tertiärgerüste und  Modellguss. Im Gegensatz zu den analogen Gussverfahren hat eine digitale Konstruktion in PEEK den Vorteil, dass alle Daten gespeichert werden und somit reproduzierbar sind. In der Zahnarztpraxis ist der Austausch mittels direkter Verklebung eines sekundären Teleskops bei fehlender Friktion relativ schnell auszuführen. Hier kann von angemessener Wirtschaftlichkeit für den Patienten gesprochen werden.

    Fallbeispiel

    In einer bereits bestehenden Conical Bridge (Bredent, Senden) wurden von unserem DentalAlliance-Kollegen Klaus Vossen neue PEEK-Sekundärteile eingearbeitet (Abb. 4 in der Medienleiste). Die Friktion wurde durch eine nachträglich angelegte zirkuläre Rille am Primärteil verstärkt. Damit ist es möglich, die Abzugskräfte individuell für den Patienten einzustellen. Die gesamte Struktur, primär und sekundär, ist aus Titan Grad 4 CAD/CAM-gefräst. In das Sekundärgerüst wurden PEEK-Friktionselemente eingepasst und eingeklebt (Abb. 5 in der Medienleiste).

    Auch bei Kronen, Brücken und in der Kombitechnik lässt sich PEEK problemlos verarbeiten. Bei verklebten Sekundärteleskopen reicht eine Wandstärke von 0,3 bis 0,5 Millimetern (mm) aus, Kronen oder Brückenkonstruktionen sollten aus Sicherheitsgründen jedoch eine Wandstärke von 0,6 mm nicht unterschreiten.

    Abbildung 4 zeigt eine interessante PEEK-Arbeit für einen Allergiepatienten, die vom Kollegen Oliver Heinzmann aus dem ProFor-Arbeitskreis gefertigt wurde. Mittels Kieferrelationsvermessung wurden alle relevanten Daten erfasst, ausgewertet und übertragen. Aus therapeutischen Gründen wurden zunächst eine Schiene gefertigt und der Oberkiefer mit einer BioHPPBrücke (Bredent) versorgt. Anschließend wurde der Unterkiefer behandelt. Nach der Präparation der Stützzonen wurde mithilfe der Jig-Schiene eine Bissregistrierung zur Übertragung der  Schienenbisshöhe und Position durchgeführt. Das Design der Brücke wurde per CAD konstruiert und aus Wachs CNC- gefräst, klassisch eingebettet und mit dem For2press-System (Bredent)  in PEEK gepresst. Die basale Fläche des Brückenglieds wurde bewusst in BioHPP belassen. Aus statischen Gründen wurde ein zervikaler Rand gestaltet, um zum einen eine erhöhte Stabilität zu erreichen und zum anderen den Kronenrand etwas graziler gestalten zu können. Die ansprechende Ästhetik wurde mit dem Verblendsystem Visio.lign (Bredent) erzielt.

    PEEK ein sicheres Material für Kiefer-Operationen

    Seit einem Jahr arbeiten wir mit dem Chirurgen Dr. Dr. Lars Bonitz, Uni Dortmund, und der DDI-Group (Digital Dental Innovation, Dortmund) intensiv an dem digitalen Workflow in der Dysgnathie-OP-Technik zusammen. Bei der Korrektur von Kieferfehlstellungen, der Dysgnathie-Behandlung, stehen nicht nur ästhetische Gesichtspunkte nach einer erfolgreichen Operation im Vordergrund, sondern vor allem auch funktionelle Aspekte wie die Wiederherstellung der Kaufunktion.

    Bei der Korrektur von Kieferfehlstellungen ist zur Erlangung der Kaufunktion eine kieferorthopädische Vorbehandlung unumgänglich.
    Dann erfolgt die entscheidende Dysgnathie-Operation. Dabei werden, je nachdem wo die Störung vorliegt, der Unterkiefer, der Oberkiefer oder beide Kiefer versetzt und in der neuen Position per Splint fixiert. Der Chirurg plant die Umstellung vorab anhand von Modelloperationen und 3-D-Analysen. In dieser Phase sind wir mit unseren technischen Möglichkeiten eingebunden. Es ist erstmals gelungen, den digitalen Weg konsequent zu beschreiten.

    Per Mundscanner werden die Kiefer gescannt und die Daten per Mail an die Uni Dortmund gesendet. Hier konstruiert und bestimmt Bonitz mittels 3-D-Planung die Positionen der Splints. Diese Daten werden an unser Fräszentrum gesendet und die Splintplatten aus rein  medizinischem PEEK gefräst (Abb. 5 in der Medienleiste). Sie sind ein äußerst wichtiges Element in der OP-Technik und dienen zur perfekten Fixierung der Kiefer (Abb. 6 in der Medienleiste).

    Zitat: Dr. Dr. Lars Bonitz zur Verwendung von PEEK: „Für die Anwendung im OP-Situs ist es besonders wichtig, dass die verwendeten Materia-
    lien biokompatibel sind und somit Nebenwirkungen für den Patienten vermieden werden. Das ist beim medizinischen PEEK gegeben. Zudem ist das Material sehr hart und eignet sich daher exzellent für den Einsatz als okklusaler Splint. Die Zähne werden hier intraoperativ mit erhöhtem Druck durch die Fixation der Kiefer aufeinandergepresst. Häufig kann es dann zu einem Bruch des Splints kommen, was die Weiterführung des operativen Eingriffs gefährdet.“

    Nach der Einheilphase werden die Zähne kieferorthopädisch exakt aufeinander eingestellt. Nebeneffekt der korrekten Verzahnung (Okklusion) und Kieferbasisrelation ist dann ein harmonisches Gesichtsprofil. Künftig werden wir per mastikatorischer Analyse (eigene Entwicklung, DentecSolutions, Essen) nach der vollständigen Einheilung die Kaubewegungen analysieren und gegebenenfalls therapeutisch optimieren.

    PEEK ist zudem ein idealer Werkstoff für therapeutische Schienen bei Allergiepatienten und/oder bei Patienten mit CMDDiagnose (craniomandibuläre Dysfunktion, Abb. 7 in der Medienleiste). Die Behandlung eines Patienten mit CMD-Symptomatik weist folgende Schritte auf:
    1. Diagnose der inadäquaten Funktionsabläufe bezogen auf die mastikatorische Dynamik und Prüfung der statischen Okklusion (digitale Okklusografie)
    2. Wiederherstellung der physiologischen Kontaktbeziehung bei statischer und dynamischer Okklusion
    3. CAD/CAM-Konstruktion und -Herstellung der PEEK-Schiene (Abb. 8 und 9 in der Medienleiste), Rückverfolgbarkeit der Maßnahmen, Dokumentation in digitaler und schriftlicher Form

    Fazit

    Es gibt ein zunehmendes Interesse an PEEK in der Medizin und auch in der Zahnmedizin. Es fehlen allerdings noch wissenschaftliche Langzeitstudien für die zahnmedizinische Anwendung von PEEK. Aus wirtschaftlicher Sicht kann und muss vermerkt werden, dass PEEK zu sehr unterschiedlichen Preisen angeboten wird. Hier sind die Verbraucher – Fräszentren und Dentallabore – oftmals überfordert zu entscheiden, welches Material das für sie und ihre Anforderungen „beste“ ist. Wir haben eine Entscheidung für unser Fräszentrum getroffen: Bei chirurgisch eingesetzten PEEK-Materialien und bei nachweislich starken Allergikern kommt nur das medizinische PEEK infrage. Leider hat es eine etwas gräulich wirkende Farbe. Bei Allergikern ist Vorsicht bei Hybrid-PEEK geboten. Je heller die Farbe ist, umso mehr Metalloxide dürften verwendet worden sein, die im Mund in geringen Mengen korrodieren können. Dieses Risiko schließen wir durch die Verwendung von medizinischem PEEK aus.

    Autor für yodewo by joDENTAL, www.yodewo.com
    ZTM Peter Kappert, Essen
    E-Mail: peter.kappert@kappert.de

    Wir danken den Firmen Bredent, Senden, und Schütz Dental Group, Rosbach, für die zur Verfügung gestellten PEEK-Blanks.
    • Verfasser
      • ZTM Peter Kappert

        DentalAlliance

    • Logos

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